Aktuelles Arbeitsrecht

Neue Gerichtsentscheidungen und aktuelle 

Arbeitsrecht

von Carsten Hartisch 19 Apr., 2022
In dem vorliegenden Rechtsstreit hatte das BAG über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen zu entscheiden. Die Klägerin war bei der Beklagten als Geschäftsführerin angestellt. Der Geschäftsführervertrag sah im einzelnen Regelungen hinsichtlich der Geschäftsführertätigkeiten vor. Zur Beurteilung der Frage, ob der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist, hatte das BAG die Frage zu beurteilen, ob die Klägerin als arbeitnehmerähnliche Person bei der Beklagten beschäftigt war. In der Regel ist ein Geschäftsführer einer GmbH auf Basis eines freien Dienstvertrages, welches kein Arbeitsvertrag darstellt, tätig. Die Weisungsgebundenheit eines GmbH-Geschäftsführers die so stark ist, dass sie auf eine Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Einen solchen extremen Ausnahmefall sah das BAG vorliegend nicht verwirklicht. Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigte das BAG die bisherige Rechtsprechung zur Einordnung der Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisse als freie Dienstverträge, mit der Folge, dass Streitigkeiten nicht in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen (BAG Beschl. v. 8.2.2022 - 9 AZB 40/219.
von Carsten Hartisch 02 Feb., 2022
Beruft sich ein Arbeitgeber gegenüber dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzug auf die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers, so trägt der Arbeitgeber für die Einwendungen grundsätzlich die Darlegung-und Beweislast. Regelmäßig hat der Arbeitgeber jedoch keine detaillierten Kenntnisse über den Gesundheitszustand des Mitarbeiters. Vor diesem Hintergrund genügt der Arbeitgeber seiner primären Darlegung-und Beweislast, soweit dieser Indizien vorträgt, die den Schluss zulassen, dass der Arbeitnehmer in dem Zeitraum des Annahmeverzuges leistungsunfähig war. In der vorliegenden Entscheidung ging das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht beweisen muss, sondern nur entsprechende Tatsachen vorzutragen hat, die eine Schluss-folgerung hinsichtlich einer Leistungsunfähigkeit zulassen (BAG Urt. v. 21.7.2021 - 5 AZR 543/20).
von Carsten Hartisch 17 Dez., 2021
In der vorliegenden Entscheidung wurde der Arbeitnehmerin Erholungsurlaub gewährt. Während ihres Urlaubes verfügte die zuständige Stadtverwaltung wegen des an Corona erkrankten Kindes der Arbeitnehmerin eine Quarantäneanordnung gegen diese. Mit der Klage verfolgte die Arbeitnehmerin die Nachgewährung der Urlaubstage, die in den Quarantänezeitraum gefallen sind. Das LAG Köln bestätigte die erstinstanzliche Klageabweisung. Zur Begründung führte es aus, dass § 9 BUrlG zur Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs vorliegend nicht erfüllt sei. Zudem sei auch eine analoge Anwendung nicht möglich, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Eine behördliche Quarantäneanordnung steht einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Das LAG Köln hat gegen die Entscheidung die Revision zugelassen (LAG Köln Urt. v. 13.12.2021 - 2 Sa 488/21
von Carsten Hartisch 12 Aug., 2021
Der Kläger ist bei dem beklagten Land als Wachpolizist zur Bewachung einer Botschaft beschäftigt. Hinsichtlich der Dienstwaffe steht es dem Kläger frei, diese mit nach Hause zu nehmen und dort anzulegen oder mit einem Umweg verbunden, in einem Waffenschließfach in einer Polizeidienststelle zu deponieren. Der Kläger beantragte festzustellen, dass das beklagte Land die Wegezeit von dessen Wohnung zum dienstlichen Waffenschließfach, die Zeit zur Vorbereitung der Dienstwaffe sowie die Wegezeit vom Waffenschließfach zum zugewiesenen Schutzobjekt vergütungspflichtig sind. Im Ergebnis wies das BAG die Klage überwiegend ab und urteilte, dass lediglich der Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfaches vergütungspflichtig ist. Die sonstigen Wege- Rüstzeiten sind hingegen nicht zu vergüten, entschied das BAG (Urt. v. 31.03.2021 - 5 AZR 148/20).
von Carsten Hartisch 28 Juli, 2021
Eine zusätzliche Abfindung für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Wahrnehmung einer Sprinterklausel ist ermäßigt zu besteuern. In der vorliegende Entscheidung hatte ein Arbeitnehmer sich mit seinem vormaligen Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung geeinigt. In der Vereinbarung war zusätzlich geregelt, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, gegen eine Erhöhung der Abfindung das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Das Finanzamt unterwarf den Erhöhungsbetrag der Abfindung der normalen Besteuerung und nicht der ermäßigten Besteuerung für Abfindungen. Hiergegen hat sich der Arbeitnehmer vor dem Hessischen Finanzgericht gewährt. Dieses gab dem Kläger statt und urteilte, dass auch der Erhöhungsbetrag der Abfindung infolge der Wahrnehmung der Sprinterklausel der ermäßigten Besteuerung unterläge. Insgesamt komme eine separate Betrachtung nicht in Frage, da auch der Erhöhungsbetrag in Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu sehen sei(FG Hessen, Urt. v. 27.07.2021 - 10 K 1597/20).
von Carsten Hartisch 20 Juli, 2021
Ein Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Verdienst im Sinne des § 615 S. 2 BGB, wenn ihm vorzuwerfen ist, dass er während des Annahmeverzuges vorsätzlich untätig bleibt und eine ihm zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt. Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer als Betriebsleiter beschäftigt. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer mangels Kompetenz auf eine andere Stelle als "Senior Manager Security" versetzt. Der Arbeitnehmer hat sich gegen diese Versetzung gewandt und zudem Annahmeverzugslohn mit eingeklagt. Nach der rechtskräftig festgestellte Unwirksamkeit der Versetzung des Arbeitnehmers befand sich die Arbeitgeberin in Annahmeverzug. Gemäß § 615 S. 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer auf den Annahmeverzugslohn dasjenige anrechnen lassen, was er zu erwerben böswillig unterlässt. Im vorliegenden Fall war es dem Arbeitnehmer vorübergehend zumutbar die angebotene Stelle als "Senior Manager Security" bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Versetzung anzutreten. Im Rahmen der Unzumutbarkeit der anderweitigen Arbeit sind verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wie die Art der Arbeit oder eine erforderliche aber fehlende Zustimmung des Betriebsrats zu der angebotenen anderweitigen Tätigkeit. Hier sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BAG, Urt. v. 23.02.2021 - 5 AZR 213/20)
von Carsten Hartisch 12 Juli, 2021
In der vorliegenden Entscheidung hatte sich das BAG mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein GmbH-Geschäftsführer einen Status als Arbeitnehmer haben kann, mit der Folge, dass im Falle einer Kündigung das KSchG Anwendung findet. Der Geschäftsführer einer GmbH wird regelmäßig auf Grundlage eines freien Dienstvertrages und nicht aufgrund eines Arbeitsvertrages tätig. Auch gegenüber einem Geschäftsführer steht der Gesellschaft ein unternehmerisches Weisungsrecht zu. Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Bei dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt konnte das BAG einen solchen extremen Ausnahmefall nicht bestätigen (BAG, Urt. v. 27.04.2021 - 2 AZR 540/20).
von Carsten Hartisch 04 Feb., 2021
Eine grobe Beleidigung des Arbeitgebers, seiner Vertreter oder von Arbeitskollegen kann je nach Umstand des Einzelfalles eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsfeldes rechtfertigen. Hierbei unterfallen lediglich Werturteile dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Dieses gilt jedoch nicht, soweit die Äußerung reine Schmähkritik darstellt. Unter Berücksichtigung des Anlass und der Umstände stellt die Äußerung dann eine Schmähung dar, wenn es allein um die Diffamierung der Person geht, gegen die sich die Äußerung richtet (BAG, NJW 2020, S. 1695).
von Carsten Hartisch 29 Jan., 2021
Das BVerfG hat entschieden, dass gewerkschaftlich organisierte Streikmaßnahmen auf Firmenparkplätzen vor dem Eingang zum Betrieb grundsätzlich nicht das Grundrecht auf Eigentum und unternehmerische Handlungsfreiheit des Arbeitgebers verletzt. Dieses allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Gewerkschaft wegen der besonderen örtlichen Gegebenheiten auf diese Möglichkeit angewiesen ist, um die Beschäftigten anzusprechen. Dieses sei erforderlich um die Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG auszuüben (BVerfG NZA 2020, S.253).
von Carsten Hartisch 18 Jan., 2021
Bei Arbeitsverträgen die vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (01.01.2002) eine Ausschlussfrist vorsehen, die sich ohne Beschränkung auf "alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" bezieht, ist nicht insgesamt unwirksam. Eine solche Ausschlussfrist in Altverträgen bleibt anwendbar, mit der Maßgabe, dass lediglich solche Ansprüche von dem Verfall nicht erfasst werden, die die Haftung für Vorsatz bzw. für Leben, Körper, grobes Verschulden und gesetzlichen Mindestlohn begründen (BAG NZA 2020, S. 310).
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