Blog Post

Abzocker und der bloggende Anwalt

Carsten Hartisch • Juli 12, 2016

Ein Fotograf hatte auf seiner Internet-Seite von ihm angefertigte Fotos kostenfrei zur Nutzung angeboten, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Der beklagte Rechtsanwalt, der im Internet einen Blog zum Medienrecht betreibt, hatte unter Hinweis auf die vom Fotografen ausgesprochenen urheberrechtlichen Abmahnungen diesen als „Abzocker“ bezeichnet.

Gegen diesen Blog ging der Fotograf gerichtlich vor. Das OLG Frankfurt a.M. lehnt in seinem Beschluss vom 28.01.2015 (AZ.: 6 W 4/15) Unterlassungsansprüche des Fotografen ab. Zum einen bestehe zwischen Rechtsanwalt und Fotograf kein wettbewerbsrechtlicher Anspruch, da beide Parteien nicht auf dem „gleichen Markt“ tätig seien. Zum anderen liege auch keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. In dem Blog nehme der Rechtsanwalt zwar Bezug auf ein – seiner Zeit noch nicht abgeschlossenes- Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Berlin, in dem sich der Fotograf ebenfalls zu Unrecht als „Abzocker“ tituliert sah. Allerdings werde nicht der Eindruck erweckt, als sei dieses Verfahren bereits beendet. Letztlich weist das OLG Frankfurt a.M. darauf hin, dass die für den Fotografen nachteilige Entscheidung des Landgerichts Berlin von der nächsten Instanz bestätigt wurde.

von Carsten Hartisch 20 Apr., 2022
In der vorliegenden Entscheidung des OLG Dresden verlangte der Kläger gesamtschuldnerisch von den Beklagten, einer GmbH und deren Geschäftsführer, die Zahlung von Schadensersatz aufgrund einer Verletzung seiner Rechte aus der DS-GVO. Der Kläger hatte einen Antrag auf Mitgliedschaft in einem Verein gestellt. Der Geschäftsführer hatte einen Detektiv beauftragt, um zu prüfen, ob der Kläger in strafbare Handlungen verwickelt war. Da der Verdacht sich bestätigte, wurde der Mitgliedsantrag abgelehnt. Des OLG Dresden bestätigte den Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 82 DS-GVO i.H.v. 5000,00 €. Zugleich bestätigte das Gericht, dass neben der Gesellschaft auch der Geschäftsführer der GmbH als weiterer Verantwortlicher nach der DS-GVO hafte (OLG Dresden, urt. v. 30.11.2021 - 4 U 1158/21).
von Carsten Hartisch 19 Apr., 2022
In dem vorliegenden Rechtsstreit hatte das BAG über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen zu entscheiden. Die Klägerin war bei der Beklagten als Geschäftsführerin angestellt. Der Geschäftsführervertrag sah im einzelnen Regelungen hinsichtlich der Geschäftsführertätigkeiten vor. Zur Beurteilung der Frage, ob der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist, hatte das BAG die Frage zu beurteilen, ob die Klägerin als arbeitnehmerähnliche Person bei der Beklagten beschäftigt war. In der Regel ist ein Geschäftsführer einer GmbH auf Basis eines freien Dienstvertrages, welches kein Arbeitsvertrag darstellt, tätig. Die Weisungsgebundenheit eines GmbH-Geschäftsführers die so stark ist, dass sie auf eine Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Einen solchen extremen Ausnahmefall sah das BAG vorliegend nicht verwirklicht. Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigte das BAG die bisherige Rechtsprechung zur Einordnung der Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisse als freie Dienstverträge, mit der Folge, dass Streitigkeiten nicht in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen (BAG Beschl. v. 8.2.2022 - 9 AZB 40/219.
von Carsten Hartisch 02 Feb., 2022
Beruft sich ein Arbeitgeber gegenüber dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzug auf die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers, so trägt der Arbeitgeber für die Einwendungen grundsätzlich die Darlegung-und Beweislast. Regelmäßig hat der Arbeitgeber jedoch keine detaillierten Kenntnisse über den Gesundheitszustand des Mitarbeiters. Vor diesem Hintergrund genügt der Arbeitgeber seiner primären Darlegung-und Beweislast, soweit dieser Indizien vorträgt, die den Schluss zulassen, dass der Arbeitnehmer in dem Zeitraum des Annahmeverzuges leistungsunfähig war. In der vorliegenden Entscheidung ging das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht beweisen muss, sondern nur entsprechende Tatsachen vorzutragen hat, die eine Schluss-folgerung hinsichtlich einer Leistungsunfähigkeit zulassen (BAG Urt. v. 21.7.2021 - 5 AZR 543/20).
von Carsten Hartisch 17 Jan., 2022
Die Herausgeberin des Magazins „Öko-Test“ erteilte der Herstellerin einer Zahncreme die unentgeltliche Lizenz zur Nutzung des Öko-Test-Siegels, nachdem die Zahncreme in einem durchgeführten Tests mit dem Testergebnis „sehr gut“ getestet wurde. Die Herstellerin der Zahncreme verwendete das Testergebnis zur Vermarktung ihres Produktes. Im Folgenden überarbeitete die Herausgeberin des Magazins „Öko-Test“ die Testkriterien für Zahncremes und veröffentlichte die neun Testergebnisse. Die Zahncreme der Herstellerin wurde in diesem Test nicht einbezogen. Die Herstellerin der Zahncreme warb jedoch nach wie vor mit dem veralteten Testergebnis. Hierauf hin verklagte die Herausgeberin des Magazins „Öko-Test“ die Herstellerin der Zahncreme auf Unterlassen und Schadensersatz. Auf die Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil, wies das OLG Düsseldorf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ab, mit der Begründung, dass durch die unentgeltliche Lizenzverteilung nach keiner der möglichen Berechnungsmethoden ein Schaden entstanden sei. Der BGH entschied hierauf, dass dem Verbrauchermagazin ein Anspruch auf Schadensersatz durch die Markenverletzung zustehe. Der Schadensersatz könne sich zwar nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen, da das Verbrauchermagazin grundsätzlich unentgeltliche Nutzungslizenzen erteile. Jedoch kann der Schadensersatz anhand des Gewinns berechnet werden, welche die Herstellerin der Zahncreme infolge der Markenverletzung erwirtschaftet habe. Der BGH begründete dies damit, dass der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechtes in Form einer verbesserten Marktchance unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht bei der Markenverletzerin verbleiben dürfe (BGH, Urt. v. 16.12.2021 - I ZR 201/20).
von Carsten Hartisch 17 Dez., 2021
In der vorliegenden Entscheidung wurde der Arbeitnehmerin Erholungsurlaub gewährt. Während ihres Urlaubes verfügte die zuständige Stadtverwaltung wegen des an Corona erkrankten Kindes der Arbeitnehmerin eine Quarantäneanordnung gegen diese. Mit der Klage verfolgte die Arbeitnehmerin die Nachgewährung der Urlaubstage, die in den Quarantänezeitraum gefallen sind. Das LAG Köln bestätigte die erstinstanzliche Klageabweisung. Zur Begründung führte es aus, dass § 9 BUrlG zur Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs vorliegend nicht erfüllt sei. Zudem sei auch eine analoge Anwendung nicht möglich, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Eine behördliche Quarantäneanordnung steht einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Das LAG Köln hat gegen die Entscheidung die Revision zugelassen (LAG Köln Urt. v. 13.12.2021 - 2 Sa 488/21
von Carsten Hartisch 27 Sept., 2021
Der Betreiber eines Fitnessstudios teilte seinen Mitgliedern per E-Mail mit, dass sich die Verträge aufgrund der behördlichen Schließungszeit um den Zeitraum der Schließung verlängern. Nach Widerspruch eines Mitgliedes behauptete der Betreiber des Fitnessstudios, dass bereits mehrere Gerichte so entschieden hätten. Hiergegen wandte sich die Verbraucherzentrale. Das LG Würzburg stellte hierzu fest, dass weder eine rechtliche Grundlage für die Zahlung von Beiträgen während der behördlich angeordneten schließt Monate bestehe, noch eine Anspruchsgrundlage für eine einseitige Vertragsverlängerung vorliege (LG Würzburg, Urt. v. 24.08.2021 - 11 O 684/21).
von Carsten Hartisch 22 Sept., 2021
Wegen eines illegalen Downloads wurde der spätere Beklagte auf Unterlassen abgemahnt. Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ab, verneinte jedoch seine eigene Tatbegehung. Weitergehende Auskünfte gab der Beklagte nicht ab. Im anschließend geführten Verfahren auf Ersatz der Abmahnkosten legte der Beklagte die Identität des Täters offen. Der BGH entschied, dass kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gegen den Anschlussinhaber bestehe. Ebenso wenig bestehe eine vorgerichtliche Aufklärungspflicht zur Bekanntgabe des wahren Täters. Im gerichtlichen Verfahren habe der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast genügt und Auskunft über die Identität des Täters erteilt (BGH NJW 2021, S. 2023 - Saint Row). Diese Entscheidung ist im Hinblick auf die Entscheidung des BGH Loud interessant, da dort der Anschlussinhaber sanktioniert wurde, weil dieser die Identität des ihm bekannten Täters im Verfahren nicht offengelegt hatte.
von Carsten Hartisch 16 Aug., 2021
Soweit der Betreiber eines Online-Marktplatzes durch einen Dritten darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein Produkt eines Anbieters gegen Produktsicherungspflichten verstößt, ist der Betreiber des Online-Marktplatzes verpflichtet auch weitere Angebote dieses Händlers auf Rechtsverletzungen hin zu prüfen, sofern dieses mit einem zumutbaren Aufwand erfolgen kann. Im vorliegenden Fall wurden Artikel chinesischer Herkunft durch einen Händler auf der Verkaufplattform eBay zum Kauf angeboten. Das angebotene Produkt war mit einem Foto vollständig abgebildet. Hierbei war erkennbar, dass auf dem Produkt die CE-Kennzeichnung fehlte. Das OLG Frankfurt a.M. entschied hier, dass bei einem offensichtlichen Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht der Betreiber des Online-Marktplatzes verpflichtet ist auch weitere Produkte des Anbieters auf einschlägige Verletzungen der Kennzeichnungspflicht hin zu überprüfen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 24.06.2021 - 6 U 244/19).
von Carsten Hartisch 12 Aug., 2021
Der Kläger ist bei dem beklagten Land als Wachpolizist zur Bewachung einer Botschaft beschäftigt. Hinsichtlich der Dienstwaffe steht es dem Kläger frei, diese mit nach Hause zu nehmen und dort anzulegen oder mit einem Umweg verbunden, in einem Waffenschließfach in einer Polizeidienststelle zu deponieren. Der Kläger beantragte festzustellen, dass das beklagte Land die Wegezeit von dessen Wohnung zum dienstlichen Waffenschließfach, die Zeit zur Vorbereitung der Dienstwaffe sowie die Wegezeit vom Waffenschließfach zum zugewiesenen Schutzobjekt vergütungspflichtig sind. Im Ergebnis wies das BAG die Klage überwiegend ab und urteilte, dass lediglich der Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfaches vergütungspflichtig ist. Die sonstigen Wege- Rüstzeiten sind hingegen nicht zu vergüten, entschied das BAG (Urt. v. 31.03.2021 - 5 AZR 148/20).
von Carsten Hartisch 05 Aug., 2021
Dem EuGH wurde die Rechtsfrage vorgelegt, ob ein gewerblicher Handel mit "gebrauchten" E-Books im Internet zulässig ist. Vorliegend hatte ein Anbieter im Internet seinen registrierten Kunden den Erwerb von zuvor selbst erworbenen E-Books angeboten. Das "gebrauchte" E-Book konnte dabei in unbegrenzter Anzahl entgeltlich heruntergeladen werden. Im Kern handelt es sich um die Frage, ob durch das Inverkehrbringen eines E-Books das Verbreitungsrecht des Urhebers erschöpft ist und dem Erwerber das Recht zusteht, das erworbene E-Book zur dauerhaften Nutzung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der EuGH urteilte, dass durch das Inverkehrbringen eines E-Books durch den Urheber dessen Verbreitungsrecht nicht erschöpft ist. Das Gericht argumentiert hier, dass ein E-Book anders als ein gedrucktes Buch nicht abgenutzt wird und sich auch mit dem Alter nicht verschlechtert. Im Ergebnis verletzt der Handel mit "gebrauchten" E-Books daher die Urheberrechte der Autoren und ist somit unzulässig (EuGHECLI:EU:C.2019:1111, NJW 2020, S. 827).
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